Druck auf Israel zur Lockerung der Belagerung des Gazastreifens
Hamas-Führer haben damit gedroht, die Waffenruhe mit Israel, die am kommenden Freitag ausläuft, nicht zu verlängern. Das Arrangement habe die versprochenen Erleichterungen nicht gebracht.
Der Ministerpräsident der im Gazastreifen regierenden Hamas, Ismail Haniya, hat am Sonntag in einer einstündigen Rede anlässlich der Feier zum 21. Gründungstag der Hamas erklärt, seine Organisation werde die Waffenruhe mit Israel nicht verlängern, es sei denn, Israel beende die Abschnürung des Gazastreifens. Mehr als 200 000 Hamas-Anhänger hatten sich zu der Jubiläumsfeier im Zentrum von Gaza versammelt, um in einem Meer von grünen Fahnen und mit lauter Musik und Koranrezitationen den Gründungstag zu begehen. Haniya nutzte die Massenveranstaltung dazu, die Stärke der islamischen Bewegung hervorzuheben. Diese regiert den Streifen seit ihrer Machtübernahme im Juni 2007 trotz der fast undurchlässigen israelischen Belagerung.
Wenig Verbesserung durch Waffenruhe
Ahmed Yusif, ein politischer Berater von Haniya, sagte am Montag, die politischen und militärischen Fraktionen im Gazastreifen würden noch immer über eine Verlängerung der Waffenruhe diskutieren. Die allgemeine Stimmung spreche aber dagegen, da das Arrangement keine Verbesserung der Lage für die Menschen gebracht habe.
Hamada al-Bayari vom Uno-Büro für die Koordination humanitärer Angelegenheiten wies hingegen darauf hin, dass Israel den Import von Gütern während der Waffenruhe leicht verbessert habe. Zwischen Juni und November 2008 gelangten im Durchschnitt 3200 Lastwagenladungen pro Monat in den Gazastreifen im Vergleich zu 2200 Lastwagenladungen im Monat vor Beginn der Waffenruhe. Vergleicht man dies aber mit einer durchschnittlichen Einfuhr von 13 430 Lastwagenladungen im Dezember 2005, einen Monat vor dem Wahlsieg der Hamas, nimmt sich diese Verbesserung bescheiden aus. Heute wird der Warenbedarf im Gazastreifen zu 70 bis 90 Prozent durch den Schmuggel mit Ägypten gedeckt. Der Import von Gütern über die offiziellen Grenzübergänge bleibt weiterhin auf humanitäre Hilfsgüter beschränkt. Zudem blieben die Grenzübergänge auch während des Waffenstillstands für Personen geschlossen.
Dass der Boykott in gewissen Bereichen noch verschärft wurde, zeigte sich an der Weigerung Israels seit Anfang November, den Transfer von Banknoten nach Gaza zu erlauben. Die Banken im Gazastreifen mussten aufgrund von Bargeldmangel schliessen, und die Löhne von Tausenden von Angestellten der palästinensischen Autonomiebehörde sowie der Uno konnten nicht mehr ausbezahlt werden. Vergangene Woche wurden schliesslich 100 Millionen Schekel nach Gaza gebracht, was einem Drittel der benötigten Bargeldmenge der Banken im Streifen gleichkommt. Israel rechtfertigt die Schliessung der Grenze mit dem Beschuss durch palästinensische Kassam-Raketen aus dem Gazastreifen. Allerdings war es Israel, das am 4. November mit einem Einfall der Armee in Rafah, bei dem sechs Kämpfer der Hamas getötet worden waren, die Waffenruhe gebrochen hat.
Verlängerung wahrscheinlich
Trotz der Enttäuschung über die sechsmonatige Waffenruhe erscheint deren Verlängerung wahrscheinlich, da sie sowohl im Interesse der Hamas-Regierung im Gazastreifen als auch Israels liegt. Nur eine Waffenruhe erlaubt es der Hamas, ihre Energie auf die ökonomischen und sozialen Projekte zu konzentrieren, die Haniya in seiner Rede angekündigt hat. Nur so haben die palästinensischen Islamisten eine Chance, ihre Popularität zu wahren und ihre Macht zu konsolidieren. Die Einwohner des Streifens wollen Ruhe und keine Scharmützel mit der israelischen Armee. Israel weiss, dass der Raketenbeschuss auf Sderot nur durch ein Abkommen mit der Hamas gestoppt werden kann. Es wird allerdings darauf bestehen, das Abkommen möglichst vage zu halten und keine Konzessionen einzugehen. Mit der Drohung eines Abbruchs der Waffenruhe versucht die Hamas aber offensichtlich, von den Israeli eine Lockerung der Würgeschlinge zu erreichen.