Israel spricht von einer Provokation und lässt sie dennoch über sich ergehen
Am Samstag sind zwei Segelboote mit über vierzig Friedensaktivisten an Bord aus Zypern kommend in den Hafen von Gaza eingelaufen. Mit ihrer Aktion protestierten die Aktivisten gegen den anhaltenden internationalen und israelischen Boykott des Gazastreifens.
Mit Jubelrufen, Trommeln und farbigen Luftballons haben am späten Samstagnachmittag Tausende von Palästinensern die zwei Segelboote «Liberty» und «Free Gaza» im Hafen von Gaza in Empfang genommen. Die zwei Schiffe, nicht länger als zwanzig Meter, hatten am Freitagmorgen von Zypern abgelegt, um die 350 Kilometer über teilweise raue See nach Gaza in Angriff zu nehmen. «Befreit Gaza», stand auf den Schiffsrümpfen der Boote, die als erste ausländische Boote seit Beginn der israelischen Besetzung 1967 in Gazas Hafen einliefen.
Willkommener Coup für die Hamas
Mit ihrem symbolträchtigen Segeltörn wollten die 44 Friedensaktivisten aus 17 Ländern auf den israelischen und internationalen Boykott aufmerksam machen und die Abriegelung des Gazastreifens durchbrechen. Seit der Wahl der Hamas in die Regierung vor zweieinhalb Jahren und verschärft seit der Übernahme des Gazastreifens durch die Hamas im Juni 2007 gelangen nur noch humanitäre Hilfsgüter in den Streifen. Auch nach der Waffenruhe mit der Hamas, die vor sieben Wochen begann, hat Israel die Menge der Zulieferungen nicht auf das normale Niveau erhöht.
«Ihr habt den Boykott boykottiert und die Blockade durchbrochen», gratulierte der Hamas-Ministerpräsident Ismail Haniya den Seefahrern am Sonntag in seinem Haus im Beach-Flüchtlingslager und hängte jedem der Aktivisten eine «Free Gaza»-Medaille um den Hals. Bei einem üppigen Mahl versprach der Ministerpräsident den Schiffsbesatzungen die palästinensische Staatsangehörigkeit und rief die Arabische Liga zu ähnlichem Blockadebrechen auf. Auch der Grenzübergang Rafa nach Ägypten müsse geöffnet werden, meinte der Ministerpräsident mahnend.
«Wir kamen ohne Waffen und ohne Gewalt. Wir stehen für Millionen von Menschen, die dasselbe tun würden. Ihnen allen verbietet Israel die Einreise nach Gaza», sagte der Amerikaner Paul Larudee, einer der Organisatoren. An Bord des einen Schiffes befanden sich zweihundert Hörgeräte für Kinder. «Boykotte treffen die normalen Bewohner und nicht die Politiker. Deshalb sollten wir all unsere Energie darauf verwenden, gewaltlos diesen Boykott zu brechen, denn die Palästinenser wollen für sich selber sorgen und nicht von der internationalen Gemeinschaft durchgefüttert werden», ergänzte die 81-jährige amerikanische Nonne Anne Montgomery.
Zu den Crewmitgliedern gehörten unter anderem auch der Amerika-Israeli Jeff Halper, der in Jerusalem das israelische Komitee gegen israelische Hauszerstörung leitet, der griechische Parlamentsabgeordnete Tassos Kourakis und Lauren Booth, die Schwägerin von Tony Blair, dem Nahost-Entsandten des Quartetts. Booth entschuldigte sich, dass sie nicht die Entsandte sei, denn anders als Tony Blair würde sie die Menschenrechte und die demokratischen Rechte der Palästinenser respektieren. Eine 82-jährige Holocaust-Überlebende, die ebenfalls mitsegeln wollte, musste krankheitshalber in Zypern zurückbleiben.
Gestörte Kommunikationsmittel
Den Seglern standen sowohl Müdigkeit als auch die Freude und das Erstaunen über das geglückte Unterfangen ins Gesicht geschrieben. Zwei Jahre lang hatten die Aktivisten in Moscheen, Kirchen, Synagogen und bei öffentlichen Anlässen Geld gesammelt, um die Reise möglich zu machen. Vor einem Monat dann reisten einige Aktivisten nach Griechenland und machten die Boote mit Hilfe von Griechen und später mit solcher von Zyprioten seetauglich. Die israelischen Behörden hatten zunächst vor einem Verstoss gegen die «geschlossene Militärzone» vor der Küste von Gaza gewarnt, dann aber die Aktivisten gewähren lassen, um sich nicht als Verhinderer einer gewaltlosen humanitären Aktion selbst blosszustellen. Satellitentelefone, Internet und Mobiltelefone seien während des 32-stündigen Törns unterbrochen gewesen, das Navigationssystem habe jedoch funktioniert, sagte einer der zwei Kapitäne und vermutete hinter der Störung ein israelisches Manöver.
Ein Boot soll am Dienstag wieder Kurs auf Zypern nehmen und einen Teil der Aktivisten mitnehmen. Andere wollen weitere Tage oder Wochen im Gazastreifen als Ärzte oder in Hilfsorganisationen mithelfen. Sie hoffen, dass bald mehr Boote nach Gaza einlaufen werden, damit jeder nach seinem Gusto abreisen kann.